In der momentanen Zeit wird das Wort ja beinahe inflationär benutzt. Corona-Krise, Flüchtlingskrise, Wirtschaftskrise, Gesundheitskrise, Finanzkrise und was es sonst noch an gesellschaftspolitischen Krisenthemen geben könnte.

Worum es hier im Artikel jedoch geht, ist die persönliche Lebenskrise, in die jeder von uns irgendwann einmal im Laufe seines Lebens kommen kann.

Der Duden definiert Krise als eine

schwierige Situation, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt.

Jetzt muss nicht jede Situation, die sich als schwierig darstellt, zu einer Lebenskrise ausarten. Zumal es ja von der jeweiligen Person abhängt, wie sie mit der belastenden Situation umgeht.

Was für den einen nur ein größeres Problem darstellt, wofür er einige extra Anstrengungen an den Tag legen muss, kann für dich eine schier unüberwindbare Hürde darstellen, die du nicht bewältigen kannst.

Es hängt also von vielen Faktoren ab, ob ein Mensch sich in einer Lebenskrise befindet oder nicht. Ob er schwere Schicksalsschläge verarbeiten kann oder bei vergleichsweisen geringen Anlässen in eine Krise gestürzt wird. Und ob er Maßnahmen zur Krisenbewältigung kennt und nutzt.

Was genau ist eine Lebenskrise?

Lassen wir einmal alle gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Krisenszenarien außen vor und beschäftigen uns mit der persönlichen Krise.

Sie besteht im Verlust deines seelischen Gleichgewichts, wenn du als Betroffener mit Ereignissen oder Lebensumständen konfrontiert wirst, die du im Augenblick nicht bewältigen kannst. Oder von denen du glaubst, dass du sie nicht bewältigen kannst.

Weil du keine ähnlichen früheren Erfahrungen gemacht hast, auf die zu zurückgreifen kannst. Aus denen du gelernt hast. Oder du keine Strategien zur Krisenbewältigung hast.

Nehmen wir zum Beispiel eine Ehekrise. Wenn du das erste Mal verheiratet bist, hast du keine Referenzerfahrung aus einer früheren Ehe und bist auf diese Krise nicht vorbereitet. Und die Erfahrungen, die dein Freund oder deine Freundin in einer ähnlichen Situation gemacht haben, können dir auch nur bedingt helfen.

Oder nehmen wir als weiteres Beispiel eine berufliche Krise, weil dir gekündigt wurde. Dein Unternehmen wurde von einem anderen aufgekauft und im Zuge der Fusion werden Arbeitsplätze abgebaut. Deiner ist davon betroffen. Du erlebst eine Situation wie diese zum ersten Mal, bist vollkommen überfordert mit deinen Gefühlen, Ängsten und Sorgen.

Ob eine Krise nun zu einer Lebenskrise wird, hängt von der Bedeutung ab, die diese Situation für dich hat. Ob sie eine lebensverändernde  Bedeutung ist oder nicht. Und es hängt davon ab, welche Fähigkeiten du hast, dich damit auseinander zu setzen. Welche Maßnahmen du zur Krisenbewältigung einsetzen kannst.

Diese Fähigkeiten, die du hast oder nicht, bestimmen auch den Grad der Intensität, mit der die Krise auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene zum Ausdruck kommt.

Der Verlauf der Krise hängt also sehr stark davon ab, welche Qualität deine Fähigkeit zur Selbsthilfe hat, ob du dir Hilfe von dritter Stelle suchst und wann diese Hilfe einsetzen kann.

Die zwei Arten von Krisen

Es gibt zwei Arten von Krisen, die sich erheblich voneinander unterscheiden.

Die eine ist die Lebensversänderungskrise. Eine Krise, die entsteht, wenn sich in deinem Leben etwas verändert, dass dich sehr herausfordert.

Das kann ein Jobwechsel sein, der Umzug in eine andere Stadt oder der Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Zum Beispiel dein Studienbeginn, der Beginn der Elternschaft oder der Auszug deines letzten Kindes. Oder auch der Tag, an dem du in Rente gehst.

Die zweite Krisenart ist die traumatische Krise.

Sie entsteht durch äußere Anlässe, die plötzlich auftreten. Anlässe, die deine physische Existenz bedrohen oder eine soziale Identität. Oder Anlässe, die fundamentale Befriedigungen, wie Nahrungsaufnahme, Schlafen und körperliche Unversehrtheit unmöglich erscheinen lassen.

Das kann eine Scheidung sein oder die Entdeckung, dass dein Partner dich betrügt. Der plötzliche Tod eines nahen Familienangehörigen oder die Geburt eines Kindes. Auch eine schwere Krankheit oder unerwartetes Versagen in beruflicher oder privater Hinsicht können Auslöser für eine traumatische Krise sein. Nicht zuletzt Natur- und Unfallkatastrophen.

Diese Krisen sind deshalb als traumatisch einzustufen, weil du anders als bei den erstgenannten, sie nicht hast kommen sehen. Du nicht mit ihnen gerechnet hast. Und somit dir noch keine Strategien zur Krisenbewältigung aneignen konntest.

Als Schwangere zum Beispiel freust du dich auf dein Kind, deine Umgebung freut sich mit dir. Wenn du dann in eine postnatale Krise stürzt, kommt das völlig unerwartet und weder du, noch deine unmittelbare Umgebung, sind darauf vorbereitet.

Das gleiche passiert jetzt gerade mit Corona. Für viele eine Lebenskrise, die bis dato so nicht bekannt war, die zudem weltumspannend und weltverändernd ist. Und mit Gefahr für das Leben.

Woran du eine Lebenskrise erkennst

Jeder geht mit einer Krisensituation anders um. Das hängt, wie oben bereits erwähnt, zum einen davon ab, welche Refenenzerfahrungen du hast. Ob du sozusagen Krisenbewältigung kannst. Oder in welcher psychischen und physischen Verfassung du bist.

Bist du in deinem Leben schon eins, zweimal umgezogen, wird dich ein erneuter Umzug in eine fremde Umgebung weniger belasten, als jemanden, der zum ersten Mal sein Elternhaus verlässt.

Bist du emotional stabil, wirst du mit der Trennung von deinem Ehepartner leichter zurechtkommen, als jemand, der emotional eher instabil ist.

Bist du physisch und psychisch gesund, wird dich ein Verkehrsunfall weniger belasten, als jemanden, der bereits vor dem Unfall unter physischen Einschränkungen gelitten hat und psychisch eher fragil war.

Es gibt drei Ebenen auf denen sich eine Krise manifestieren kann:

  • Psychische Beschwerden
  • Körperliche Symptome
  • Soziale Beziehungen

Aber nicht jede/r, der Veränderungen auf diesen Ebenen zeigt, steckt in einer Krise. Umgekehrt müssen längst nicht alle angeführten „Symptome“ vorhanden sein, um bereits von einer Krise sprechen zu können.

Mögliche Symptome einer Krise:

  • Angst und Panik kommen auf,
  • Gefühle der Hilflosigkeit und Unfähigkeit treten auf,
  • du bist angespannt und erregt oder
  • du bist traurig und depressiv,
  • jede kleinste Verschärfung der Situation bringt dich weiter in Panik,
  • du fühlst dich in der Situation völlig ausweglos,
  • du nimmst Menschen und Situationen undifferenziert wahr, das berühmte Schwarz-Weiß-Denken,
  • du vertraust deinem Urteil nicht mehr, was für dich gut oder schlecht ist,
  • deine Gedanken drehen sich immer nur um die eine Sache,
  • du lebst in einer Scheinwelt, „alles ist nur ein Irrtum, ein böser Traum“,
  • du leidest unter Konzentrationsschwierigkeiten oder Leistungsproblemen,
  • dein Denken ist eingeengt, Handlungsalternativen für die Zukunft tun sich dir nicht auf.

Weitere Symptome, dass du in einer Krise steckst, können sein:

  • du bist fahrig und desorientiert,
  • du ziehst dich von deiner sozialen Umgebung zurück, bist teilweise aggressiv und abweisend zu anderen Menschen,
  • deine Handlungen sind oft abrupt und völlig planlos,
  • dein Essverhalten ändert sich,
  • du wirst aggressiv dir selbst gegenüber, bis hin zur Selbstschädigung.

Es können in einer Krise auch körperliche Symptome auftreten, die sich zeigen als:

  • Schlaflosigkeit, innere Unruhe,
  • Abgeschlagenheit, Lethargie,
  • Herzrasen, Atemnot und Zittern,
  • Magen-Darm-Beschwerden,
  • Kopfschmerzen und Schwindel,
  • Appetitlosigkeit oder Essattacken.

Symptome auf sozialer Eben zeichnen sich aus durch:

  • Abwendung von Freunden und Familie,
  • Unverständnis auf beiden Seiten,
  • Interesselosigkeit und Lustlosigkeit, auch in sexueller Hinsicht,
  • Vernachlässigung von sozialen Interessen oder Mitgliedschaften in Vereinen.

Wege heraus aus der Krise

Der Verlauf einer Lebenskrise, ihre Intensität bezüglich Schwere, Symptomatik und notwendiger Behandlungen hängt unmittelbar ab von der Qualität der Selbsthilfe. Und der Fähigkeit, Fremdhilfe anzunehmen.

Kurz gesagt, von deinen Möglichkeiten zur Krisenbewältigung.

Und nicht zuletzt von dem möglichst raschen Einsetzen dieser Faktoren.

Je schneller du erkennst, dass du in einer Lebenskrise bist, desto schneller ist eine Hilfe möglich.

Je genauer du die Krise für dich benennen kannst, je exakter du die Situation einschätzen kannst, desto bessere Wege findest du aus der Krise heraus.

Je klarer du deine Optionen siehst, je deutlicher du über gute Alternativen nachdenken kannst, desto klarer wird dir dein Weg aus dieser Krise fallen.

Und je leichter es dir fällt, dir Hilfe von einem anderen, sei es dein Partner oder Partnerin, ein Freund oder eine Freundin zu holen, desto schneller kannst du die Krise überwinden.

Auch ein professioneller Unterstützer, wie zum Beispiel ein Coach, kann dir dabei helfen, mit dieser Lebenskrise fertig zu werden.

Die Gefahren einer Lebenskrise

Jede Krise birgt Chancen und Gefahren in sich.

Lass uns mit den Gefahren beginnen. Die größte Gefahr ist vermutlich, dass du keinen Weg aus der Krise findest oder zu finden glaubst. Und du damit der Krise extrem viel Macht in deinem Leben einräumst. Nicht bewusst, sondern unbewusst.

Sie wird dann wie eine chronische Krankheit. Immer da, macht dir das Leben schwer, aber du hast dich damit abgefunden.

Noch einmal das Beispiel Ehescheidung. Du hast eine Scheidung hinter dir, fühlst dich ungeliebt, alleine, zurückgelassen, wertlos.

Manifestieren sich diese Gefühle im Laufe der kommenden Jahre, wirst du dich immer als ungeliebtes, wertloses, einsames Opfer definieren. Keine schöne Zukunftsaussicht. Aber man kann damit (über)leben. Ich frage mich nur, ob es Freude macht.

Eine weitere Gefahr einer Krise ist, dass du mit einer negativen emotionalen Einstellung zu dir selbst und deinen inneren Stärken, das Risiko in Kauf nimmst, körperliche und/oder seelische Schäden davon zu tragen.

Das sind die Chancen, die in einer Krise stecken

Eine überstandene Krise ist immer ein Gewinn an Lebenserfahrung. Ein Gewinn an Fähigkeiten und Stärken, von denen du vor der Krise nicht glaubtest, dass du sie besitzt.

Jede Krise und ihre Überwindung bringt dich weiter in deiner Entwicklung, zeigt dir neue Zugänge zu deiner inneren Kraft.

Du orientierst dich zudem in, während und nach einer Krise neu. Stichwort Out of the box.

Meist geht mit der Krise und ihrer Bewältigung ein Perspektivenwechsel einher. Nehmen wir als Krisenbeispiel, dass du dich mit deinen Eltern überworfen hast, weil du ihre Ansichten zu einem Thema X nicht teilst.

Und nun ist der Kontakt zu ihnen abgebrochen. Das ist für dich eine große Umstellung und ein Perspektivenwechsel. Deine Werte haben sich womöglich verschoben, deine Prioritäten haben sich zugunsten deiner persönlichen Interessen verändert.

Ein wichtiges Lebensthema – die Eltern-Kind-Beziehung hat einen neuen Rahmen bekommen. Einen Rahmen, der sich für dich besser anfühlt.

So betrachtet sind die Chancen, die in einer Krise und ihrer Bewältigung stecken, sehr viel größer als die Gefahren einer Krise.

Wichtig ist nur, dass du die Krise angehst und sie überwindest.

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